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Das Titten-Foto und seine Konsequenzen

By Barbara Wimmer on 8. März 2015 0 Comments

Das Internet vergisst nie. Ein abgedroschener Satz, in dem jedoch viel Wahrheit steckt. So landen automatisch alle Personen, die in der Google-Suche nach „Shroombab“ suchen, bei einem bestimmten Blogbeitrag aus dem Jahre 2005. Und zwar wirklich alle. Doch nur die wenigsten sprechen mich darauf an.  Einer hatte Anfang dieser Woche den Mut und wir hatten ein nettes Gespräch darüber. „Ach, der Eintrag über das Titten-Foto“, sagte ich. Grund genug für mich, diesen Blog-Eintrag selbst mal wieder zu besichtigen.

Weibliche Brüste
Zu sehen gibt es dort nämlich vor allem eines – ein Foto von mir hinter den Decks mit einem Top, das Einblicke in meine Oberweite zulässt. Die Mix-Links sind mittlerweile tot, können aber an anderer Stelle im Netz nachgehört werden (wenn sie wirklich wen interessieren sollten). Den ersten Kommentar, den ein User zu meinen Mixes abgab, lautete: „wow, titties!“ Weitere Kommentare, die in diese Richtung gingen, folgten. Die Grundeinstellung der Breaksblog-Benutzer war dann relativ klar erkennbar: Wer so aussieht, kann gar nicht mixen können. Mit dieser Grundeinstellung findet man natürlich in jedem DJ-Mix sofort Unsauberkeiten, die man sonst nicht sofort kritisieren würde.

Somit war ich damals doppelt in der Falle: Viele Breaksblog-Nutzer glaubten, mein internationaler Erfolg würde ausschließlich auf meinem Aussehen basieren und nicht auf meinen Skillz. Viele hörten sich die Mixes gar nicht mehr an, weil andere User sie sowieso schon als „schlecht“ beurteilt hatten. Und diejenigen, die meine Skillz kannten und schätzten, kamen mit Argumenten wie „Warum gibt’s auch solche Fotos von dir, kannst du dir nicht was anderes anziehen, wenn du ernstgenommen werden willst?“ Ergo: Ich bin selbst Schuld, wenn Leute mich nach meinem Aussehen beurteilen, wenn ich so herumlaufe.

Falten
Zehn Jahre sind seit dem Blogeintrag vergangen, doch die Beurteilung von weiblichen DJs nach ihrem Aussehen ist noch immer Realität. Es gibt da etwa eine internationale DJ-Kollegin, die legt noch einmal zehn Jahre länger auf als ich, und ist, ebenso wie ich, noch immer aktiv (und auch international noch stark nachgefragt). Bei ihrem letzten Auftritt in Wien sprachen die Club-Besucher fast ausschließlich über ihr Aussehen. Sie sei alt geworden, ihre Falten, dass sie sich mit diesem Outfit noch auf die Bühne traue. Naja, man müsse ihr halt Respekt zollen, weil sie war früher einmal eine der ersten in der Szene.

Ich hingegen: „Alter, diese Frau zählt zu den weltbesten DJs, ihre Skillz sind hervorragend wie eh und je, könnt ihr das Aussehen nicht einmal vergessen?“. Bei den Kommentaren über meine Kollegin möchte ich gar nicht wissen, was dieselbe Meute hinter hervorgehaltener Hand über mich sagt. Ähnliche Kommentare über meine 40- bis 50-jährigen DJ-Kollegen in der Szene hab ich jedenfalls noch nie gehört (und würde ich ebenso wenig hören wollen). Ähnliche Erlebnisse hatte ich mittlerweile auch zu genüge bei der Beurteilung von weiblichen und männlichen Führungskräften in Tech- und Medien-Unternehmen.

Sozialisierung
„Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, wo Mann und Frau immer gleichbehandelt wurden. Solche Beurteilungen sind mir fremd“, erklärte mir jedenfalls derjenige, der zu Wochenbeginn den Blogeintrag entdeckt hat. Ich bin selbst auch in so einem Umfeld aufgewachsen, deshalb hatte und habe ich auch keine Scheu vor Technik, keine Berührungsängste, keine Selbstzweifel, was meine Skillz betrifft – und daher dachte ich mir damals auch nichts dabei, als ich an jenem Tag ein Top zum DJ-Auftritt anzog. Doch die Welt um uns herum hat oft eine andere Wahrnehmung als man selbst, offline sowie online. Und die Wahrnehmung der anderen kann man nicht bewusst steuern oder verändern. Doch solange Frauen und Männer anders wahrgenommen werden, bin ich für einen #aufschrei (und zwar meiner Meinung nach bei Ungerechtigkeiten gegenüber beider Geschlechter, denn ich bin mir sicher, diese gibt es auch „andersum“). Wichtig ist mir daher:

UPDATE: !!! Female:Pressure !!!
Ich bin außerdem seit 2000 Mitglied bei Female:Pressure, einem Netzwerk für weibliche Musikerinnen, gegründet von Electric Indigo in Wien, eine Auftakt-Party für alle weiblichen Drum&Bass-DJs gab es damals im U4. Female:Pressure hat sich zum heutigen Frauentag etwas Besonders einfallen lassen: Einen Tumblr-Blog zum Thema Women-Music-Tech, in dem Musikerinnen zusammen mit ihrer Technik so abgebildet werden, wie sie wirklich sind. In ihrer „Arbeitssituation“, beim Auflegen, Musik aufnehmen oder produzieren. Eine extrem unterstützenswerte Initiative, wie ich finde. Ich habe übrigens auch ein Foto beigesteuert.

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