Im Mai 2016 luden mich Magdalena Reiter und Stefan Pawel für einen Vortrag zum Thema „Sind Privatsphäre und Gleichheit im Netz bedroht?“ nach Linz zum Open Commons Kongress in den Wissensturm ein. Der 30-minütige Vortrag wurde als Video-Stream von dorftv aufgezeichnet und kann jetzt nachgesehen werden:
Zum Inhalt:
„Wer die Daten hat, hat die Macht.“ Dieses Zitat des Wiener Filmemachers Werner Boote fasst ein Dilemma zusammen, das sich seit Jahren zuspitzt: Mit Google, Amazon oder Facebook bestimmen US-Konzerne, welche Inhalte wir im Internet zu Gesicht bekommen und damit bestimmen sie auch den Blick auf unsere Welt.
Was können wir tun?
+ Open Hardware
+ Open Software
+ Unterstützt Open Source-Projekte
+ Arbeitet an Wikipedia mit
+ Nutzt Open Street Map statt Google Maps
+ Setzt Creative Commons Lizenzen ein
+ Clicktivism hilft, um Konzerne bei kundenfeindlichen Entscheidungen zum Zurückrudern zu bewegen
+ Bei (Online-)Partizipationen mitmachen und mitbestimmen
+ NGOs wie z.B. EDRi oder AK Vorrat unterstützen
+ Selbst Tools entwickeln und einsetzen, die Privatsphäre im Netz schützen
+ Privacy By Design-Entwicklungen fördern
+ Datenschutz und IT-Sicherheit von Anfang an mitdenken bei der Entwicklung weil: Auch Entwickler müssen die Verantwortung übernehmen für das, was sie tun
+ Anonym surfen und suchen:
TOR-Browser verwenden
Suchmaschinen wie DuckDuckGo oder IXQuick/StartPage verwenden
+ Speichern und Mailen:
Statt Google Drive auf heimische Cloud-Dienste setzen, die Daten nicht in die USA übertragen oder einen eigenen Server aufsetzen und Herr und Frau seiner Daten bleiben.
Europäische E-Mail-Alternativen zu Gmail oder Yahoo verwenden
+ Verschlüsseln:
Mails mit Pretty Good Privacy (PGP)
Am Smartphone: Messenger wie Signal einsetzen und nicht WhatsApp
Schön, dass WhatsApp jetzt verschlüsselt, aber: Metadaten! Aufpassen.
+ Nicht verzweifeln!
+ Organisieren, netzwerken und treffen
in Wien z.B. Netzpolitischer Abend AT (nächster Termin im September im Metalab) oder C3W (Chaos Computer Club Wien)
Kleiner Tipp am Rande: Das an Möglichkeiten aussuchen, das ihr wirklich umsetzen könnt. Nicht überfordern. Weil: IT-Security-Maßnahmen können nur dann funktionieren, wenn sie zur Gewohnheit werden. Es bringt z.B. nichts, Signal zu installieren und dann weiter WhatsApp zu verwenden!
Als IT Professional habe ich lange Versucht, Mitmenschen aufzuklären, sie zu Verschlüsselung von Emails anzuhalten, WhatsApp Alternativen zu nutzen etc. Ich war an Schulen, habe mit Lehrern und Schülern gesprochen. Fakt ist leider dass die meisten, selbst wenn sie es wissen und schlimm finden, die Dienste trotzdem nutzen.
Ein ESP8266 Wlan Computer kostet derzeit 1,70 €. Das sagt uns, dass in Kürze überall Computer verbaut sein werden. Wir werden so viele IoT Lösungen haben, dass wir mit Apps nicht mehr hinterher kommen werden. Daher werden digitale Assistenten wie Siri und Alexa Apps ablösen. Sie werden der Zugangspunkt nahezu aller Wertschöpfungsketten im B2C Bereich werden. Und im Gegensatz zu Maps lösungen, lassen sich die digitalen Assistenten, die auf Machine Learning basieren nicht so einfach nachbauen. Man braucht einfach die Datenpower der Giganten um sie zu trainieren. OpenSource Alternativen werden es da noch schwerer haben.
Ein Beispiel: Open Streetmap ist eben keine Alternative, die mich um Staus herum führt oder mir die optimalen ÖPNV Verbindungen berechnet.
Klar, OpenSource ist ein wichtiges Instrument. Boykott aber eher niedlich, oder? Ich glaube, statt Blockadehaltung David gegen Goliath zu spielen, müssen wir auf der politischen Seite unsere Kräfte einsetzen. Das Recht auf unsere Daten muss ein Menschenrecht sein. Wir müssen de Konzerne, die der Gesellschaft bereits Jahre voraus sind einfangen und durch Reglementierung zähmen. Ätzende Aufgabe, aber ich fürchte, nur so geht es wirklich.
Viele Grüße,
Boris Crismancich